Die Geschichte der Mode ist immer auch eine Geschichte der Emanzipation. Das 20. Jahrhundert ist dabei massgeblich: Nie zuvor und nie danach hat sich das Frauenbild so sehr gewandelt. Dies sind die Meilensteine der modischen Revolution!
Um 1900 bestimmt die Sanduhr-Silhouette die Mode der Zeit: Üppiger Busen, schmale Taille, ausladende Hüften – so haben Damen damals auszusehen. Um diesem Modetrend zu entsprechen, schnüren sich die Frauen ins Korsett. Das formt zwar eine schlanke Körpermitte, nur leider lässt es der Trägerin kaum Luft zum Atmen, kaum Handlungsspielraum. Kurz: Dieser Modetrend spiegelt die gesellschaftliche Stellung der Frau nur zu gut wider.
Das ändert sich 1906, als der Couturier Paul Poiret – inspiriert von den Nackttänzerinnen Isadora Duncan und Mata Hari - ein Kleid namens „La Vague“ entwirft: Der Rock setzt direkt unter der Brust an und fällt weich bis zum Boden herab, ganz ohne eingeschnürte Taille, und sichtlich ohne ¬Korsett. Eine Moderevolution, der die Damen von Welt gerne folgen. Endlich können Sie befreit aufatmen, entspannt essen und sich bequem setzen. Auch wenn Paul Poiret die neue Linie nur erfindet, weil sie seiner eigenen Ästhetik entspricht, und weniger für die Damen selbst, so gilt er als erster Befreier der Frauen, und die Emanzipation der Mode nimmt ihren Lauf.
❝Ich habe dem Korsett den Kampf angesagt.❞
(Paul Poiret)
❝Das Kleid muss den Linien des Körpers folgen, und wenn die Trägerin lächelt, muss das Kleid mit ihr lächeln.❞
(Madeleine Vionnet, Erfinderin des Schrägschnitts und Meisterin der Drapierungen)
19.3.1911: Der erste Internationale Frauentag wird gefeiert (heute: 8.3.).
Nov. 1918: Das Frauenwahlrecht tritt in Kraft.
Während Poiret den weiblichen Körper lediglich vom Korsett befreite, gibt Coco Chanel den Frauen ihre Beweglichkeit zurück. Steife Stoffe und einengende Schnitte findet man in ihrer Mode vergebens. Sie ist die Erste, die mit Jersey experimentiert und bereits 1913 bequeme Sportmode, dann Freizeithosen und schliesslich Kostüme aus dem weichen, anschmiegsamen Material schneidert. Seitdem ist Jersey aus der Modewelt nicht mehr wegzudenken. Die Schnitte entsprechen dem androgynen Look der 20er Jahre mit fliessenden Silhouetten und Röcken in Knielänge, mit denen man rennen, springen und tanzen kann. 1926 krönt die Grande Dame diesen Look mit dem kleinen Schwarzen.
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg kommt die Mode-Emanzipation zum Stillstand und die Silhouette findet zurück zur Sanduhr-Form, allen voran dank Christian Dior. Der Couturier zwingt die Frauen Ende der 40er Jahre mit seinem „New Look“ zurück ins Korsett – wer hätte gedacht, dass die Frauen das mitmachen? Aber nach den entbehrenden Kriegsjahren sehnen sich die Damen einfach nur nach Weiblichkeit, Sorglosigkeit und einen Hauch von Luxus. Coco Chanel kann diesen Rückschritt in der modischen Emanzipation kaum ertragen: 1954 entwirft sie das berühmte Chanel-Kostüm aus leichtem Tweed-Stoff, mit knielangem Rock und kastiger, legerer Jacke – damit setzt sie erneut einen Modetrend, der Weiblichkeit und Bequemlichkeit vereint.
❝Mode ist nicht etwas, das nur in Kleidern existiert. Mode liegt in der Luft. Sie hat etwas zu tun mit Ideen, mit der Art, wie wir leben, was um uns geschieht.❞
(Coco Chanel)
❝Ich befreie Frauen von der Natur.❞
(Christian Dior)
1949: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wird im Grundgesetz verankert.
1952: Das Mutterschutzgesetz wird beschlossen.
Lange ist die Hose für die Frau ein absolutes Tabu. Sie entspricht nicht den sittlichen Vorstellungen der Gesellschaft und der Kirche. Zwar dienten Hosen während des Ersten Weltkriegs den Frauen als Arbeitskleidung in den Fabriken und bei der Landwirtschaft. Auch im Sport, zum Beispiel beim Reiten, oder als Strandbekleidung wurde die Hose durchaus toleriert. Aber erst in den 1930er Jahren gelingt es Modeschöpferinnen wie Coco Chanel oder Filmstars wie Katherine Hepburn, die Hose salonfähig zu machen. Marlene Dietrich kreiert gar ihren gesamten Look um den Herrensmoking mit Zylinder.
Auch wenn die Mode im Dritten Reich und nach 1945 in Sachen Emanzipation stagnierte, so ist die Hose nie wieder ganz von der Bildfläche verschwunden. Audrey Hepburn wird als „Süsser Fratz“ (1957) zum It-Girl in Caprihosen und der Couturier Yves Saint Laurent macht den Hosenanzug für die Frau endgültig zum modischen Must Have der 1960er Jahre. Spätestens mit dem Siegeszug der Jeans 1971 ist die Hose aus dem weiblichen Kleiderschrank nicht mehr wegzudenken und hat ihren festen Platz in der Modegeschichte.
❝Ein Mädchen in Overalls zu stecken ist genauso, als liesse man sie in Strumpfhosen arbeiten, speziell wenn ein Mädchen sie richtig zu tragen weiss.❞
Marilyn Monroe)
❝Coco Chanel gab den Frauen Freiheit, Saint Laurent gab ihnen die Power.❞
(Pierre Bergé, Lebensgefährte von Yves Saint Laurent)
1957: Der Gehorsamkeitsparagraph, wonach Frauen ihren Ehemännern gehorchen müssen, wird aus dem Gesetz gestrichen.
1958: Frauen dürfen ohne Erlaubnis des Ehemanns ihren Führerschein machen.
Der grösste Umbruch in der Geschichte der Mode findet allerdings in den 60er Jahren statt. Die Jugendbewegung rebelliert gegen die Zwänge und Regeln der Elterngeneration, und das zeigt sich auch in der Mode. Street Fashion hält Einzug in die Haute Couture und Yves Saint Laurent ist der erste, der 1960 schwarze Rollkragenpullis und Lederblousons auf den Laufstegen zeigt, so wie die Jugend auf der Strasse sie trägt.
Der wichtigste Modetrend der 60er Jahre ist jedoch der Minirock. Die junge Engländerin Mary Quant schiebt 1960 den Rocksaum bis weit übers Knie hinauf und sorgt für einen Aufschrei bei d er Elterngeneration und einen Freudenschrei bei deren Töchtern. Kombiniert mit farbigen Strumpfhosen und Stiefeln entspricht der Look ganz den freiheitsliebenden Vorstellungen der jungen Leute, fernab der elterlichen Eleganz. Die Revolution der Jugend hat die Modegeschichte erreicht – und das Diktat der Haute Couture mit seinen strengen Regeln für die Dame von Welt fällt. Für immer.
❝Ich wollte mich immer in den Dienst der Frauen stellen. Ihnen dienen. Ich wollte sie bei ihrer grossen Befreiungsbewegung begleiten, die das vergangene Jahrhundert geprägt hat.❞
(Yves Saint Laurent)
❝Nur durch Stiefel mit flachen Absätzen bleibt man in Kontakt mit der Erde und der Wirklichkeit.❞
(André Courrèges, Erfinder der Kombination: Minirock, Strumpfhose, Stiefel)
1960: Die Antibabypille kommt auf den Markt.
1962: Frauen dürfen ein eigenes Bankkonto haben.
Die Mode von heute ist so individuell wie nie, und sie nimmt ihren Anfang in den 70ern. Von Schlaghose bis Hot Pants, von Punk bis Business, von bauchfrei bis BH-frei – in den kommenden Jahrzenten fällt ein modisches Tabu nach dem anderen. Frauen werden mehr und mehr selbstbestimmt in ihrem Auftreten und dürfen sich kleiden, wie sie wollen. Zumindest modisch haben sie alle Freiheiten und männliche Attribute wie Jeans, Turnschuhe oder Oversize-Schnitte werden zum festen Bestandteil der Modegeschichte.
Die Emanzipation der Mode zeigt, wie schwierig und langwierig der Weg der Frau hin zur Selbstbestimmung war. Denn Mode und Gesellschaft sind immer miteinander verbunden. Auch wenn die gesellschaftliche Gleichberechtigung noch fern ist, in der Mode lautet das Motto mehr denn je: Trage, was dir gefällt! Jede Frau kann ihren eigenen Stil entwickeln und sich aussuchen, was ihr steht und wofür sie steht. Und diese Errungenschaft sollten wir feiern. Jeden Tag!
❝INiemals war die Mode aufregender als heute.❞
(Donatella Versace)
❝IDer Mode entkommt man nicht. Denn selbst wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode.❞
(Karl Lagerfeld)
❝Kleidung wird die Welt nicht verändern, die Frauen, die sie tragen, werden es tun.❞
(Anne Klein)
1976: Ein Schwangerschaftsabbruch bleibt unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.
1977: Abschaffung der „Hausfrauenehe“ – die Frau ist nicht mehr gesetzlich verpflichtet, den Haushalt zu führen. Der Ehemann darf die Anstellung der Gattin nicht kündigen.
1994: Der Staat ist verpflichtet, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern.
1997: Vergewaltigung in der Ehe wird strafbar.
2007: Gesetz zu Elterngeld und Elternzeit tritt in Kraft.
2019: In Berlin wird der Weltfrauentag zum Feiertag, 2023 auch in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Couturier Paul Poiret entwirft 1906 erstmals ein Kleid ohne Korsett: La Vague.
Coco Chanel kreiert für die Damen bequeme Haute Couture-Modelle aus Jersey.
Die Hose für die Frau sorgt in den 30ern für Aufsehen, etabliert sich aber erst in den 70ern als fester Bestandteil der weiblichen Garderobe.
Das berühmte Chanel-Kostüm aus bequemem Tweed wird 1957 das Gegenstück zu Christian Diors einengender „New Look“-Linie.
1960 erfindet die Engländerin Mary Quant den Minirock.
Die Jugendbewegung der 60er revolutioniert die Mode und stürzt das Diktat der Haute Couture.
Erlaubt ist, was gefällt: Die Emanzipation der Mode ermöglicht es den Frauen, ihren eigenen Stil zu entwickeln und sich selbstbestimmt zu kleiden.
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